Segmentierung und Visualisierung des Kleinhirns
Aufgabe
Eine Möglichkeit, die Funktionsweise des Gehirns zu studieren, ist die Untersuchung von Menschen mit definierten Hirnläsionen. Die Aussagekraft solcher Untersuchungen profitiert ganz wesentlich von der genauen Beschreibung der Ausdehnung der Schädigung. Die Funktionsweise des menschlichen Kleinhirns wird häufig am Beispiel von Menschen mit degenerativen Schädigungen untersucht. Hier kommt es zu einer Volumenminderung von weiten Anteilen des Kleinhirns. Die Verarbeitung von dreidimensionalen kernspintomografischen Aufnahmen des Gehirns ermöglicht es, das Ausmaß der Volumenminderung zu bestimmen. Hierfür wird das Kleinhirn halbautomatisch segmentiert und dann das Volumen berechnet. Um individuelle Größenunterschiede zu kontrollieren, wird das Kleinhirnhirnvolumen in Bezug zum Schädelinnenvolumen gesetzt, und um mögliche gleichzeitige, krankhafte Prozesse des Großhirns zu kontrollieren, in Bezug zum Großhirnvolumen. Die Befunde der Kleinhirnvolumetrie werden mit den Befunden von verschiedenen neurophysiologischen und neuropsychologischen Untersuchungen korreliert. Wir betreiben dazu ein gemeinsames Projekt mit derKlinik für Neurologie
Universität Duisburg-Essen
Prof. Dr. D. Timmann-Braun
Dr. A. Dimitrova Die MR-Aufnahmen werden in der Abteilung für Neuroradiologie des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie der Universität Duisburg-Essen (Dr. E. Gizewski, Prof. Dr. M. Forsting) angefertigt. Die Auswertesoftware basiert auf ECCET und läuft auf handelsüblichen PCs.
Segmentierungsprobleme
In den kernspintomografischen Aufnahmen ist es schwierig, allein aufgrund der Grauwerte das Kleinhirn von benachbarten Strukturen abzugrenzen. So gibt es häufig Stellen, an denen zwischen Groß- und Kleinhirn die Grauwerte ohne deutlichen Sprung ineinander übergehen. Eine einfache Schwellwertentscheidung reicht nicht aus, um Groß- und Kleinhirn dort zu trennen. Es gibt aber raffiniertere Füllalgorithmen, die das meistens schaffen.Ein menschlicher Experte verwendet mehr oder weniger explizit sein Vorwissen über die geometrische Gestalt des Gehirns, um eine korrekte Trennung vornehmen. Es ist jedoch meist nicht offensichtlich, wie solche intuitiven Vorgehensweisen in implementierbare Algorithmen transformiert werden können.
Sehr viel schwieriger ist die Abgrenzung von Kleinhirn und Hirnstamm. Die Kleinhirnschenkel sind breite Verbindungsbahnen zwischen Kleinhirn und Hirnstamm, in denen anhand der Grauwerte keine Grenze auszumachen ist. In dem Bild rechts sind alle Bildpunkte, deren Grauwert in einem vorgegebenen Intervall liegt, grün markiert. Die Intervallgrenzen sind so gewählt, dass der Hirnstamm gerade eben in dem grünen Bereich enthalten ist. Wie man sieht, sind dann auch Teile des Kleinhirns grün gefärbt, weil ihre Grauwerte ebenfalls in dem gewählten Intervall liegen.
Und auch von menschliche Experten eingezeichnete Grenzen variieren von Mal zu Mal und von Individuum zu Individuum, so dass keine verläßliche Volumenbestimmung des Kleinhirns möglich ist. Es ist wichtig, ein Verfahren zu finden, mit dem in jedem MRT-Datensatz auf reproduzierbare Weise eine Grenzfläche zwischen Kleinhirn und Hirnstamm konstruiert werden kann. Das an der Universität Düsseldorf entwickelte Verfahren leistet dies.
Untere Hüllenbegrenzung
Obere Hüllenbegrenzung
Lösung
In den mittleren Schichten der MRT-Daten ist keine klare Grenze zwischen Kleinhirn und Hirnstamm zu erkennen; in den höheren und in den tieferen dagegen schon. In diesen Schichten ist es leicht, auf manuelle oder auch halbautomatische Weise den Querschnitt des Hirnstamms (oder seine Kontur) zu markieren.Interpolierte Schicht Mit einem Interpolationsverfahren wird aus den markierten Hirnstammquerschnitten das fehlende Mittelstück des Hirnstamms ergänzt. Das Ergebnis ist weitgehend unabhängig von individuellen Entscheidungen des Bedieners.
Hirnstamm
Hirnstamm Der so konstruierte Hirnstamm ist in den folgenden Bildern gelb dargestellt. Die beiden blauen Ringe markieren diejenigen Schichten, zwischen denen der Hirnstamm durch Interpolation gewonnen wurde. Das Kleinhirn ist weiß dargestellt. Die Kleinhirnschenkel werden zum Volumen des Kleinhirns gezählt.